Naturhaus Schorfheide – Sanierung eines denkmalgeschützten Fachwerkhauses

Ökologische Sanierung eines stark geschädigten Fachwerkhauses aus dem Jahr 1811 mit erneuerter Holzbalkendecke, rekonstruierten Lehmgefachelementen und diffusionsoffener Innendämmung bei gleichzeitig sichtbarem Fachwerk.

Was macht man mit einem denkmalgeschützten Fachwerkgebäude aus dem Jahr 1811, welches seit 20 Jahren leer steht? Sanieren! Und zwar ökologisch.

Das Bauherren-Ehepaar aus Berlin hatte sich in das Haus verliebt und kämpfte für den Erhalt. Die denkmalrechtlichen Vorgaben für die Sanierung des Mittelflurhauses waren streng.

Die extrem marode Bausubstanz in Kombination mit der geplanten Nutzung machte größere statische Eingriffe notwendig, vor allem in der Ausbildung der neuen Holzbalkendecke.

Das Bestandsfachwerk musste, zunächst augenscheinlich intakt, zu großen Teilen abgebrochen und ersetzt werden. Hierfür wurden die alten Lehmgefache behutsam ausgebaut, Lehmwickelstaken nach alter Technik ergänzt und zusammen mit dem 200 Jahre alten Lehm wieder in ein neues Holzfachwerkeingebaut. Um das Gebäude auch energetisch auf den neuesten Stand zu bringen, wurde eine diffusionsoffene Innendämmung an den Außenwänden integriert, sodass das Fachwerk außen sichtbar blieb. Unter den einer Lärchenholzschalung verbretterten Giebelwänden übernimmt die Dämmfunktion eine Holzweichfaserplatte, damit das Fachwerk in diesem Fall im Innenraum sichtbar bleiben kann.

Im großen Yogaraum im Dachgeschoss war der Erhalt und die Sichtbarkeit der Fachwerkkonstruktion eine Forderung der Denkmalschutzbehörde. Große Dachflächenfenster bringen nun viel Tageslicht in den ehemals als Heulager genutzten Bereich des Hauses..

Energetisches Herzstück des Gebäudes ist der neue finnische Lehmgrundofen im Mittelflur, der ehemaligen “Rauch Küche”. Kochmöglichkeiten bietet, neben einem modernen Gasherd, eine holzbefeuerte Küchenhexe, welche unmittelbar an den Lehmofen angeschlossen ist.

An besonders kalten Tagen oder der Übergangszeit im Frühjahr oder Herbst, übernimmt die integrierte Deckenheizung die Wärmeversorgung.

Die Mühen haben sich gelohnt. Wenn man heute als Ferien- oder Yoga-Gast im Haus wohnt, um inmitten des Biosphärenreservats Schorfheide eine Auszeit vom Alltag zu suchen, kann man trotz der vielen Neuerungen den Charme des alten Bauernhauses spüren.

Neben den Leistungen der Architekten konnten wir die Bauherren auch beim Aufstellen eines Businessplans sowie bei den Verhandlungen mit der Bank und beim Einwerben und Bearbeiten von Fördermitteln unterstützen.

Aufgabe:

Leistungsphasen 0-8 Konzeptentwicklung Finanzierung Fördermitteleinwerbung und -betreuung

Jahr:

2015 – 2019

Interessante Fragen & Antworten rund um das Projekt

Warum ist Lehm für gesundes Bauen so wichtig?
Lehm ist ein uralter, zugleich hochmoderner Baustoff, weil er aktiv zur Regulierung des Raumklimas beiträgt. Seine Poren können Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen und zeitversetzt wieder abgeben, wodurch sich die relative Luftfeuchte in einem gesunden Bereich einpendelt. Das reduziert Schimmelrisiken und schützt die Bausubstanz. Lehm bindet Gerüche und bestimmte Schadstoffe, wirkt antistatisch und ist ideal für Allergiker. Zudem ist er vollständig recycelbar und kommt ohne synthetische Zusätze aus.
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Warum sind Naturdämmstoffe eine gute Alternative zu Mineralwolle?
Naturdämmstoffe wie Holzfaser, Hanf, Stroh oder Zellulose kombinieren gute Dämmwerte mit hoher Wärmespeicherfähigkeit und ausgezeichnetem Feuchtemanagement. Sie sorgen im Sommer für längere Phasenverschiebungen, sodass Hitze später und abgeschwächt im Innenraum ankommt. Gleichzeitig sind sie meist hautfreundlicher zu verarbeiten und geben kaum problematische Faserstäube ab. Am Ende des Lebenszyklus lassen sich viele Naturdämmstoffe recyceln oder kompostieren und belasten die Umwelt deutlich weniger als Mineralwolle.
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Was bestimmt eine gute Raumluftqualität im Gebäude?
Gute Raumluftqualität entsteht aus einem Zusammenspiel von ausgewogener Luftfeuchte, niedriger CO2- und Schadstoffbelastung, angenehmen Temperaturen und möglichst wenig Feinstaub. Naturbaustoffe unterstützen dies, indem sie Feuchte puffern und kaum Emissionen abgeben. Gleichzeitig ist ein sinnvolles Lüftungskonzept wichtig – ob natürlich, mechanisch oder hybrid. Gute Raumluft steigert Konzentration, Schlafqualität und Wohlbefinden und reduziert Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Reizungen der Atemwege.
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Braucht man für Feuchte- und Temperaturmanagement immer Lüftungsanlagen?
Nicht zwingend. In gut geplanten, diffusionsoffenen Gebäuden mit Naturmaterialien können Feuchte und Temperatur zu großen Teilen passiv reguliert werden. Regelmäßige Fensterlüftung, Querlüftungsmöglichkeiten und eine sinnvolle Grundrissgestaltung unterstützen den Luftaustausch. Lüftungsanlagen sind dort sinnvoll, wo Belegung hoch oder Luftaustausch baulich eingeschränkt ist. Baubiologisch orientierte Planung versucht, Technik so einfach wie möglich zu halten und zuerst die Bauphysik als Regler zu nutzen.
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Wie lässt sich Ressourcenschonung praktisch umsetzen?
Ressourcenschonung beginnt mit der Frage, ob gebaut werden muss oder ob Umbau, Umnutzung oder Nachverdichtung ausreichen. Im Entwurf wird Material nur dort eingesetzt, wo es tatsächlich Funktionen erfüllt. Schlanke Konstruktionen, wiederverwendete Bauteile und nachwachsende Rohstoffe senken den Ressourcenverbrauch. Langlebige, reparaturfreundliche Details verlängern Nutzungsdauern. So entsteht eine Bauweise, die nicht nur effizient, sondern auch maßvoll ist und die ökologischen Grenzen respektiert.
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Warum sollte man Bestandsgebäude bevorzugt sanieren statt neu bauen?
Im Bestand steckt viel graue Energie in Form von bereits verbauten Materialien und erbrachter Bauleistung. Ein Abriss vernichtet diese Ressourcen und erzeugt zusätzlichen Bauschutt. Durch Sanierung und Umbau können Tragwerk, Hülle und oft auch die Identität eines Ortes erhalten bleiben. Mit gezielten baubiologischen und energetischen Maßnahmen lassen sich bestehende Gebäude leistungsfähig, gesund und komfortabel machen. So verbindet man Klimaschutz mit kulturellem Mehrwert und vermeidet zusätzliche Flächenversiegelung.
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Kann man denkmalgeschützte Gebäude energetisch sinnvoll ertüchtigen?
Ja, wenn behutsam und objektspezifisch geplant wird. Denkmalpflege und Energieeffizienz sind kein Widerspruch, erfordern aber individuelle Lösungen. Kapillaraktive Innendämmsysteme, Fensterüberarbeitung statt Komplettaustausch, optimierte Luftdichtheit und abgestimmte Haustechnik können den Energiebedarf deutlich senken, ohne historische Substanz zu zerstören. Der Dialog zwischen Planenden, Bauherrschaft und Denkmalbehörden ist dabei entscheidend, um gestalterische und technische Qualitäten in Einklang zu bringen.
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Eine Auswahl nachhaltiger Alternativkonzepte bei diesem Projekt

Lehmputz als Alternative zu Zementputz – und warum er besser ist
Lehmputz · Reguliert Feuchtigkeit, verbessert Raumklima, vollständig diffusionsoffen und schadstofffrei.
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Lehmbauplatten als Alternative zu Gipskarton – und warum sie besser sind
Lehmbauplatten · Natürliche Platten aus Lehm, regulieren Feuchte und Temperatur und schaffen ein gesundes Raumklima.
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Holzfaserdämmung als Alternative zu Mineralwolle – und warum sie besser ist
Holzfaserdämmung · Diffusionsoffene Dämmplatten aus Holz, gute Dämmleistung, schimmelresistent, nachhaltige Produktion.
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Strohballen als Alternative zu EPS (Styropor) – und warum sie besser sind
Strohballen · Regionale Dämmung aus gepresstem Stroh, hervorragende Wärmedämmung, sehr niedrige graue Energie.
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Kalkmörtel als Alternative zu Fliesenkleber & Zementmörtel – und warum er besser ist
Kalkmörtel · Diffusionsoffen, antibakteriell, ideal für Altbau und Denkmalschutz.
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Linoleum als Alternative zu PVC-Boden – und warum es besser ist
Linoleum · Naturmaterial aus Leinöl, Harzen und Jute, langlebig, antistatisch und wohngesund.
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Kalkfarbe als Alternative zu Dispersionsfarbe – und warum sie besser ist
Kalkfarbe · Natürliche Farbe mit schimmelhemmender Wirkung, extrem diffusionsoffen.
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Tondichtschlämme als Alternative zu Bitumenabdichtung – und warum sie besser ist
Tondichtschlämme · Diffusionsoffene Abdichtung aus Tonmineralien, schadstofffrei.
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Stopfhanf als Alternative zu Bauschaum (PU) – und warum er besser ist
Stopfhanf · Naturfaser zum Füllen und Dämmen ohne Schadstoffe.
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Holzschindeln als Alternative zu Dachziegeln aus Beton – und warum sie besser sind
Holzschindeln · Natürliches Dachmaterial, gute Dämmwirkung, langlebig.
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Auswahl weiterführender Erklärungen

Lehm

Lehm steht für naturbasierte Baustoffe mit geringerer grauer Energie, guten bauphysikalischen Eigenschaften und einem gesunden Raumklima.

Raumluftqualität

Raumluftqualität ist ein Schlüsselaspekt der Baubiologie und trägt dazu bei, Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit im Gebäude zu sichern.

Leistungsphase 1
Grundlagenermittlung

Klärung der Rahmenbedingungen, der Wünsche des Bauherrn und der örtlichen Gegebenheiten.

Leistungsphase 2
Vorplanung

Vorplanung: Erstellung eines ersten Entwurfs und einer Kostenschätzung auf Basis der Grundlagenermittlung.

Leistungsphase 3
Entwurfsplanung

Erarbeitung eines detaillierten Planungskonzepts, das behördliche, wirtschaftliche und funktionale Aspekte berücksichtigt.

Leistungsphase 6
Vorbereitung der Vergabe

Erstellung von Leistungsverzeichnissen und Vorbereitung der Vergabeunterlagen.